Angesichts der unvermeidbaren Grippewelle 2020/2021 blickt die Agentur Deutscher Arztnetze (ADA) mit Sorge auf die aktuelle Lage bei der Corona-Pandemie: Derzeit sei aus teils nachvollziehbaren, aber auch aus irrationalen Gründen ein Nachlassen der Vorsichtsmaßnahmen in der Bevölkerung zu beobachten, das mit einer bereits erkennbaren beschleunigten Verbreitung des neuen Coronavirus einhergehe. Deshalb komme auf unser Gesundheitssystem mit hoher Wahrscheinlichkeit eine erhöhte Morbiditätslast zu, für die wir nun besser als im Frühjahr gerüstet seien, aber nicht unbedingt ausreichend auf allen Ebenen.

Teststationen werden derzeit stellenweise abgebaut und das zu erwartende erhöhte Testaufkommen wird an die Praxen der Niedergelassenen Ärzt*innen verwiesen, so die ADA. Die Rolle der Gesundheitsämter werde seitens der Politik zwar betont, das habe aber offenbar noch nicht zu einer flächendeckenden, substanziellen und nachhaltigen Behebung des personellen Notstandes des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) geführt.

Rückblickend auf den Anfang der Corona-Pandemie stellt Dr. Thomas Schang,  Vorsitzender der Agentur Deutscher Arztnetze (ADA) fest, dass das deutsche Gesundheitssystem durch die erste Covid 19 – Welle trotz in den Schubladen liegender Pandemiekonzepte etwas unvorbereitet getroffen worden sei. Aber „im Vergleich zu anderen Ländern hat Deutschland dennoch letztlich zu richtigen organisatorischen Maßnahmen gefunden, die uns bisher eine vergleichsweise milde Entwicklung von Covid 19 einbrachten, ohne dass die fast 10.000 Todesopfer und eine große Zahl von langfristig Geschädigten vergessen werden sollten“, so Dr. Schang. Unser System der ambulanten Versorgung durch Haus – und Facharztpraxen habe dabei die Hauptlast der Testungen getragen und sich als ein wesentliches Element zur Beherrschung der Pandemie bewährt.

Er vergisst dabei nicht die in wenigen Wochen bevorstehende neue Herausforderung: Wie in jedem Jahr werde die nächste Welle von echter Influenza und grippalen Infekten auf die Praxen zurollen, nur dieses Mal kompliziert durch eine permanente Corona-Pandemie. Jeder grippaler Infekt werde die Notwendigkeit einer Corona Testung begründen. „Dies erfordert eine gute frühzeitige Planung für unsere Netze und Praxen“, erläutert Schang.

Aus den Erfahrungen der 1. Covid 19 – Welle sollten laut ADA folgende Lehren gezogen werden:

  • Fernhalten infizierter Patienten vom allgemeinen Versorgungsgeschehen in Praxen und Kliniken durch Pläne zur kurzfristigen bedarfsabhängigen Bildung von Schwerpunkteinrichtungen, z.B. in speziellen Praxen mit entsprechende finanzieller Kompensation, zur Diagnostik und Therapie von Patienten mit Verdacht auf Covid 19.
  • Testungen von Risikogruppen ohne Symptome in Praxen und Gesundheitsämtern, die dazu ausreichend ausgestattet und finanziert werden müssen.
  • Die Möglichkeit einer AU-Bescheinigung im Rahmen einer Fernbehandlung in ärztlicher Verantwortung muss wieder zulässig sein. Missbräuchliche Nutzung der Fern AU ohne ausreichende ärztliche Sorgfalt oder ohne Tätigkeit im Rahmen einer Niederlassung oder einer ermächtigten Klinik stellt allerdings einen Verstoß gegen die ärztliche Berufsordnung dar. Es erscheint aber nicht sinnvoll, Digitalisierung mit elektronischem Rezept und elektronischer AU zu forcieren und die derzeit wichtigste Nutzanwendung generell zu untersagen.

Quelle: arztnetze.info; Bild: pixabay.de