Eine ärztliche Behandlung nur über Video oder Telefon: Bietet das die gleiche Qualität wie ein Arztbesuch? Mit dieser Frage beschäftigt sich ein Pilotprojekt für Privatpatienten in Baden-Württemberg, so der online-Infodienst „active-a“ (Roche Pharma AG). Das Projekt erlaube erstmals, dass Patienten ihre Diagnose und Behandlung ausschließlich auf Grundlage einer Ferndiagnose erhalten. Bislang sei diese Art der Behandlung in Deutschland verboten.

Aber die Bundesärztekammer reagiere auf die fortschreitende Digitalisierung im Gesundheitswesen: „Der Zug der Digitalisierung fährt mit oder ohne uns“, sagte Peter Bobbert, Mitglied der Ärztekammer, schon im vergangenen Jahr. Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery hatte sich offen gegenüber neuen Formen der Fernbehandlung gezeigt. „Ein ausschließliches Pillenverschreiben über das Internet“ sei damit sicher nicht gemeint.

Beim nächsten Deutschen Ärztetag im Mai 2018 in Erfurt soll ein Antrag zur Aufhebung des Fernbehandlungsverbots gestellt werden. Die Musterberufsordnung soll dann eine neue Formulierung enthalten. Diese fordere dann zwar noch, dass der persönliche Kontakt zum Patienten Standard bleibe. Aber sie sehe dann vor, dass in begründeten Ausnahmefällen eine Ferndiagnose möglich ist. Dabei solle allerdings eine besondere Sorgfaltspflicht des behandelnden Arztes bestehen. Und auch ein Aufruf, Diagnosen über Video, Telefon und Chat nicht zum Geschäftsmodell zu machen, soll laut „active-a“ enthalten sein.
Anders als bei dem erwähnten Pilotprojekt in Baden-Württemberg werde die Genehmigung der ärztlichen Fernbehandlung dann an eine verpflichtende strukturierte Evaluation gebunden sein. Falls der Vorstand der Bundesärztekammer der Formulierung zustimme, werde diese beim Ärztetag 2018 vorgelegt. Dort werde dann entschieden, ob die Ferndiagnose bald zum Alltag für Ärzte und Patienten gehöre.

Heute sind bereits weitere Projekte zur Fernbehandlung geplant und beantragt. Diese haben zum Beispiel das Ziel, auch gesetzlich Versicherten den Zugang zur Diagnose über Video, Telefon und Chat zu ermöglichen. Denn die ärztliche Fernbehandlung könnte eine gute Ergänzung darstellen: Gerade in ländlichen Gebieten, wo es schon jetzt oder zukünftig zu Engpässen in der ärztlichen Versorgung kommt.

Das in Deutschland noch bestehende Verbot der ausschließlichen ärztlichen Fernbehandlung heißt nicht, dass Untersuchungsergebnisse nicht am Telefon bekanntgeben werden dürfen. Aber der Arzt  darf keinen Patienten telefonisch beraten, der noch nicht in seiner Sprechstunde war. Eine Beratung per Telefon ist nur unter bestimmten Umständen und vor allem nur bei Bestandspatienten erlaubt. Und auch dann darf der Arzt während des Telefonats keine Verdachtsdiagnosen stellen – so entschied das Sozialgericht in München. Sobald ein Patient wegen des Telefongesprächs auf einen Arztbesuch verzichtet, ist dies laut Urteil als verbotene ärztliche Fernbehandlung zu werten. (Bild: pixabay)

Quelle; www.active-a.de/lifestyle/aerztliche-fernbehandlung-diagnose-ueber-video-telefon-und-chat/